Was ist die Liebelle?
Seit über zehn Jahren leistet die Liebelle-Beratungsstelle in Mainz Pionierarbeit – mit einem besonderen Fokus auf Themen wie Liebe, Sexualität und Partnerschaft für Menschen mit Behinderungen. Was als Forschungsidee begann, hat sich als fest verankertes Angebot in der Trägerschaft von in.betrieb – einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung, etabliert. Die dazugehörige Webseite bildet dabei nicht nur ein digitales Schaufenster, sondern ist längst zu einer wichtigen Informations- und Anlaufstelle für Ratsuchende, Angehörige und Fachkräfte geworden.

einfacher und schwerer Sprache.
Menschen mit Behinderung und Sexualität – das passt in unsere Gesellschaft häufig immer noch nicht zusammen. Aber die Nachfrage und Unsicherheit in dem Thema ist groß und deswegen ist es besonders wichtig darüber aufzuklären.
Das wurde auch in der Behindertenwerkstatt der in.betrieb immer wieder festgestellt. Studierende der Uni Mainz haben als Lösung dafür Workshops mit Themen wie z.B. „Flirtkurse“ für die Menschen angeboten. Die Nachfrage war groß. Gemeinsam mit Pro Familia Mainz, einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin der Universität Mainz sowie in.betrieb entstand die Idee einer inklusiven und professionell begleiteten Beratungsstelle, die genau diese Themen aufgreift. Auch wenn die Kooperationen teilweise bestehen geblieben sind, ist die Liebelle heute eine eigenständige Einrichtung innerhalb von in.betrieb.
Die Beratungsstelle liegt räumlich direkt neben der Werkstatt für Menschen mit Behinderungen. Viele Erstkontakte entstehen über Angehörige oder gesetzliche Betreuer*innen – in der Regel telefonisch. In den darauffolgenden Beratungsgesprächen, die zwischen drei und zehn Terminen umfassen können, steht das individuelle Anliegen im Mittelpunkt. Die Menschen werden hierbei meistens alleine und vor Ort beraten. Die Beratungen sind kostenlos und projekt- sowie spendenfinanziert. Darüber hinaus werden regelmäßig Schulungen und Fortbildungen für Fachkräfte angeboten.

leicht verständlich aufbereitet.

Die Webseite:
Die Webseite der Liebelle ist von Anfang an mit einem klaren Konzept entwickelt worden: Sie richtet sich nicht nur an Menschen mit Lernschwierigkeiten, sondern auch an Eltern, Angehörige und pädagogische Fachkräfte. Diese Zielgruppenstruktur spiegelt sich in Aufbau, Design und Sprache wider. Die Inhalte sind in leichter Sprache verfasst und allumfassend inklusiv gedacht. Das bedeutet: möglichst barrierearme Zugänge durch visuelle Klarheit, gut strukturierte Navigation und eine bewusste Ansprache.
Die Startseite gibt einen Überblick über die Grundidee der Liebelle und führt zu verschiedenen Themenbereichen wie „Über uns“, „Angebote“, „Materialien“ und „Projekte“. Besonders auffällig: Die Informationen sind nicht überladen, sondern klar gegliedert. Die Farben sind kontrastreich, die Icons groß und viele Texte werden durch illustrative Bilder oder Piktogramme ergänzt. Für Menschen mit kognitiven Einschränkungen bedeutet das: Die Seite ist verständlich, nachvollziehbar und lädt zur Nutzung ein.

Eine Baustelle bleibt dennoch: Die Kompatibilität mit Screenreadern – also Software, die blinden Menschen Webseiten vorlesen kann – funktioniert bis jetzt nur mit Einschränkungen. Auch das zeigt, wie komplex digitale Inklusion sein kann, und wie wichtig die Weiterentwicklung ist.

Barrierefreiheit.
Liebelle auf Social Media:
Neben der Webseite betreibt die Liebelle auch einen eigenen Instagram-Kanal, der jedoch vorrangig von Fachkräften und Interessierten aus der Sozialarbeit genutzt wird. Während die dort veröffentlichten Inhalte stärker in Richtung Öffentlichkeitsarbeit gehen, hat sich die Webseite als direkter Zugangskanal für Ratsuchende selbst etabliert. Trotzdem wurde auch hier entschieden, die leichte Sprache und das Konzept der Webseite beizubehalten – denn einfache Sprache versteht schließlich wirklich jeder, auch Fachkräfte und Angehörige.

bewusst in leichter Sprache aufgesetzt wurde.
Inhaltliche Gestaltung:
Die redaktionellen Inhalte der Seite werden intern von den Mitarbeitenden der Liebelle selbst erstellt. Dabei kommen Tools wie Canva zum Einsatz und externe Bildquellen, etwa für spezifische Themenbroschüren, werden eingekauft. Die Texte werden jedoch von den Mitarbeiter*innen selbst erstellt.
Unterstützt wurden Aufbau und technische Umsetzung durch eine Agentur, die eine erste Struktur geschaffen hat und bei komplizierten Themen – wie z.B. der Barrierefreiheit betreut. Neue Inhalte können durch einfache CMS Systeme von den Mitarbeitenden der in.betrieb selbst angepasst und erstellt werden.

Relevanz der Webseite:
Die Webseite der Liebelle Mainz ist nicht nur ein digitales Informationsangebot – sie ist ein sozial gesellschaftliches Dokument. Sie zeigt, wie Inklusion im digitalen Raum funktionieren kann, wie Beratung für Menschen mit Behinderung zeitgemäß gedacht wird und wie mit einfachen Mitteln digitale Barrieren abgebaut werden können. Auch ihre Entstehungsgeschichte ist beispielhaft: Aus einem gut durchdachten Konzept entstand ein nachhaltiges Projekt, das heute bundesweit fast einzigartig ist.
Die Entscheidung, die Seite über „Edoweb“ jährlich zu archivieren, ist damit nicht nur eine Frage des Erhalts, sondern auch der Sichtbarmachung. Sichtbar wird hier eine Beratungsstelle, die gesellschaftlich oft tabuisierten Themen einen Raum gibt.
Sie zeigt, wie ein sensibler Umgang mit Themen wie Sexualität, Liebe und Behinderung digital umgesetzt werden kann. Ihre Archivierung ist deshalb von gesellschaftlicher Relevanz.
Metadaten
Titel
https://www.liebelle-mainz.de/de/ & Liebelle Mainz
Autor
Lotta Brodt, Ingy El Ismy, Petra Hauschild, Daniela Wolf
Jahr
2015-heute
Technische Voraussetzungen
Standartbrowser
Erscheinungsort
Mainz
Live-Version
Archivierte-Version
Quellen
Interview mit Lotta Brodt am 28.05.2025